New Music 2023: Die Hotlist ENNIO: „Die Reibeisenstimme einer Generation“

Was für ein Blitzstart! Noch Ende 2021 besaß eine gewisse Komponistenlegende mit Nachnamen Morricone das Assoziationsprivileg von Ennio und Musik. Jetzt, anno 2023 ist der Münchener Ennio Frankl mit groß geschriebenem Vornamen zumindest bei Menschen unter 30 als Namensplatzhirsch gesetzt. Dabei ist ENNIOs Karriere eine klassische Corona-Geschichte. Denn eigentlich lief es für sein englischsprachiges Solo-Projekt Emotional Club bis zum großen Cut 2020 gar nicht so schlecht. Aber dann so mitten im Boreout des ersten großen Lockdown bahnten sich im Songwriter Ennio Frankl Gefühle ihren Weg, die direkter, konkreter und sprachlich ungefilterter raus mussten: die Stunde null für den Musiker ENNIO.

Auf den ersten Tracks seiner Debüt-EP „stundenull“ regiert noch der schnodderige Charme des Grunge-Revivals. Vor allem aber blitzt in Tracks wie „Kippe“ oder „Blaulicht“ eine tiefe Empathie auf - für die Unsicherheit und die Wut im Bauch einer Generation, der fast zwei Jahre Normalität geklaut wurden. Von da an konnte man dem Musiker ENNIO fast zuschauen, wie er von Track zu Track selbstbewusster und pointierter die Themen der Gen-Z zu artikulierten in der Lage war. Der Gewinn der New Music Award als „Newcomer des Jahres 2022“ war die logische Konsequenz dieser großen songwriterischen Gabe.

Dabei ist dem Indie-Musiker noch ein weiteres Kunststück gelungen: denn wurde ENNIO gerade am Anfang von einigen Zweiflern aufgrund offensichtlicher stimmlicher Parallelen als Henning-May-Klon belächelt, verstummten diese spätestens mit dem Release seines Debüt-Albums „Nirvana“. ENNIO hat es sogar geschafft, seine voluminöse, aber doch zerbrechliche Reibeisenstimme zu einem musikalischen Stilmittel mit sehr hohem Wiedererkennungswert zu etablieren, die mühelos und selbstbewusst auf dem schmalen Grat zwischen 80ies-Pop, Klavierballaden und Grunge-Pop dahinschreitet. Und inzwischen auch die größeren Clubs spielend ausverkauft.